Tallinn – Ausflüge und Abschied

Tallinn – Ausflüge und Abschied
(Von Christa)

Samstag, 14. Juli

Es ist Samstag Nachmittag, ein warmer Sonnentag. Michael möchte arbeiten. Ich gehe in Kalamaja, wo wir wohnen, zum Hafen runter und zum Strand. Alles was Beine hat und die Sonne liebt, ist hier unterwegs. Der Strand ist nur schmal und voller Steine. Ich wundere mich, wieviele Menschen hier Platz haben. Es wird gespielt, gepicknickt, gebadet und die Musik dazu gibt das Meer, das durch die vielen Schiffe mit kleinen Wellen den Strand belebt.

Ja, Schiffe sind viele unterwegs und die Queen ist eine wunderschöne Dreimastbark in voller Segelmontur. Majestätisch zieht sie nahe am Strand vorbei (leider hab ich den Photo zu spät geholt) und läßt alle anderen Segler klein erscheinen. Zwei Kreuzfahrtschiffe begegnen einander und dann rattert ein Hubschrauber über unsere Köpfe hinweg und landet auf dem Platz der Linnahall.

Ich liebe diese Strandatmosphäre, bei der das Meer den Ton angibt, vom Geschrei der Möwen begleitet, und die Sonne, die Steintrümmer und Mauerreste überstrahlt.

 


Tallinn (Gedicht)

Waren es wirklich vier Wochen
vier Wochen Tallinn ?
So lang und doch so kurz…..

Hunderte neugierige Menschen, Kinder, Jugendliche –
Begegnungen, Wiedererkennungen von Barcelona, Staunen –
Vorträge, die neue Fragen aufwerfen
in den Pausengesprächen.

Die Stadt mit den vielen Türmen,
Kirchen, Plätzen, alten Gemäuern,
verfallen und neu gestaltet
zu Museen, Wohnhäusern oder einfach nur
Geschichts-Erinnerungen.

Wir bummeln durch die Altstadt.
Nicht die schön gestalteten Touristenplätze ziehen uns an,
es sind die engen dunklen Gassen,
schmalen Tordurchgänge,
wo es die gemütlichen Cafés gibt
mit Blick auf versteckte Kleinodien,
Häuserfronten mit geschmückten Giebeln,
winzigen Nischen, Balkonen,
wo gerade ein Stuhl Platz hat.

Irgendwoher erklingt Musik,
ein Mädchen mit einer Geige
vor einem der Torbögen.
Aus einer entfernten Gasse wehmütige Klänge.
Zwei Russen mit Ukrainischen Banduras
und leisem Gesang
berührend – hingebungsvoll.
Ganz anders der kleine Junge mit dem Akkordeon,
temperamentvoll, fröhlich, als würde er nichts anderes tun!

Zwischen den Häusern immer wieder Parks,
alte Bäume, schattige Alleen,
ungewöhnliche Blumenkreationen, Düfte
und ein Parkwächter.

Und dann die Abendsonne
auf den Türmen, den Dächern, den alten Mauern,
und besonders auf den einen Kirchturm,
den mit dem hohen Kupferdach,
auf das die tiefe Sonne
die buntesten Farben hervorzaubert…..
Bis alles verblaßt
und wir verwundert durch die Nacht heimgehen.

 

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Der Kadriorg Park

Der Kadriorg Park ist eine besonders schöne Anlage östlich von Tallinn ganz nah am Meer. Einer sehr lieben Tallinnerin, die dort arbeitet, lag es am Herzen, uns den Park zu zeigen. Sie hat uns abgeholt und mit ihren Zwillingen ein Stückchen -bis zum Spielplatz – durch den Park begleitet. Die alten, z. T. verwachsenen Bäume haben uns besonders gefesselt, Wiesen mit wilden Blumen und dann der Japanische Garten. Hier gibt es viel Wasser, Ruhesteine und wunderschöne Blumen – eine meditative Stimmung. Danke an Katriin!!

An unserem letzten Tag in Tallinn haben wir den Park noch einmal aufgesucht, zur 300-Jahr-Feier mit Höhepunkt eines Konzertes auf der Freilichtbühne. Alle Plätze einschließlich Mauern waren längst besetzt, es herrschte eine lockere fröhliche Stimmung. Es war ein klassisches Programm mit überwiegend russischen Komponisten und guten Solisten, die enthusiastisch beklatscht wurden. Das war für uns ein guter Abschluß!

 


Die Pirita Tee

Gleich hinter dem Park läuft die Pirita Tee entlang, die breite Prachtstraße/ Promenade zum Olympiazentrum mit dem Olympia-Jachthafen. Die Fußgängerpromenade führt direkt am Ufer entlang. Ab und zu gibt es einen schmalen Sandstrand. Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man die Sängerfestwiese, wo alle 5 Jahre das große Sängerfest stattfindet mit bis zu 30 tausend Sängern auf der Bühne – ein Nationalereignis für die Esten. Etwas weiter taucht der Engel auf, die Russalka, ein Denkmal für die Seeleute des untergegangenen russischen Panzerschiffes Russalka. Und dann noch ein mächtiges Ehrenmal für die gefallenden Soldaten des 2. Weltkrieges.

Mich interessierten der Yachthafen, die Segelboote, die ehemalige Olympia-Atmosphäre. Aber der Hafen war durch Baustellen unzugänglich. Enttäuscht liefen wir zurück – der Blick auf die wunderschöne Kulisse der Stadt entschädigte uns.

 

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Ausflug zum St. Bridget’s Convent und zum Jägalla-Wasserfall

Das St. Brigitten Kloster liegt außerhalb von Tallinn Richtung Osten hinter dem Pirita-Fluß. Es ist ein alter Kraftort aus dem 15. Jahrhundert und nur noch eine Ruine, aber dennoch von einem magischen Zauber umgeben. Die alten Mauern des Klosters und der Kirche sind begehbar. Ihr Ausmaß und ihre Schönheit sind auf dem Video von Michael gut zu sehen.

Danach sollte uns das Navi zum Jägalla-Wasserfall führen. Stattdessen landeten wir auf der Halbinsel bei einem ungewöhnlichen kleinen Land-Restaurant. Ein Garten voller Pflanzen und Käutern, von denen sich einige später in unserem Salat wiederfanden, ein Spielplatz mit Waldsofa und Schaukel – eine wunderbare stille Oase!

Hier zeigte man uns den Weg zum Wasserfall – die nächste Überraschung. Von einer großen Wiese aus stiegen wir viele Stufen hinunter, um von unten auf das herabstürzende Wasser zu schauen. Hier unten – angeregt von dem wilden Wasser – spielen Kinder, balancieren auf den wackeligen Steinen und Jugendliche toben direkt unter dem Wasserfall. Ein fröhliches ausgelassenes Miteinander – und wir teilen es mit ihnen.

Ganz anders der 2. Wasserfall. Er soll größer, aufregender sein, hat aber jetzt nur einen dünnen Wasserstrahl, der unseren Blick in 30 Meter Tiefe zieht.

Vergeblich suchen wir nach dem Klippen-Wanderweg – alles verwildert und zugewachsen. Später am Strand überall Steine, Steine und viel altes Baumholz, z. T. große Stämme, auf denen Kinder im Wasser Floß spielen. Diese Stämme sind wohl alle von den Klippen heruntergestürzt und haben sich am Strand zu merkwürdigen Gebilden aufgebaut.

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Die Viru Bogs

Einen Nachmittag haben wir uns Zeit genommen, um in die Sümpfe zu fahren. In Estland und besonders um Tallinn herum gibt es viele Sümpfe, die sich selbst überlassen bleiben und naturgeschützt sind.

Auf dem Weg dahin – viele Blaubeeren, die köstlich schmecken! Schnell hatten wir blaue Mäuler und Hände. Dann ging es auf die Holzstege. Zu beiden Seiten kleine Tümpel, Sumpfpflanzen, ungewöhnliche Insekten und Kleingetier. Diese werden auf witzig gemalten Info-Tafeln angekündigt, um unsere Aufmerksamkeit zu schulen. Mittendrin ein Aussichtsturm, der das Ausmaß dieser Landschaft sichtbar macht.

 

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Die nächtliche Rummu Paddeltour

Ein besonderes Erlebnis war in der letzten Woche die nächtliche Paddeltour. Der Weg dahin ging mit einem Extra-Bus, der Fahrer mußte die Einfahrt zum See erst suchen, dann wurden wir freundlich empfangen und erhielten eine Einweisung. Der See war ursprünlich ein Steinbruch, der Baumaterial für ein Kloster lieferte. Später, in der Sovietzeit, mußten Schwerverbrecher dort arbeiten. Um den Steinbruch trocken zuhalten, waren große, schwere Pumpen notwendig. Ein Stromausfall legte schließlich die Pumpen lahm, gleichzeitig gab es starke, langanhaltende Regenfälle, die den Tagebau sehr schnell füllten. Die Pumpen wurden nie wieder in Gang gesetzt und vieles auch geplündert – und so enstand (in groben Zügen) der Rummu-See. Teilweise sind die Gebäude und Anlagen noch unter der Wasseroberfläche zu erkennen.

Die Boote hatten eine Beleuchtungsanlage, die bei Dunkelheit – ca. 23 Uhr – eingeschaltet wurde und ermöglichte, in die Tiefe des Sees zu schauen. Was wir da erkannten, war erstaunlich: zunächst Pflanzen und Sträucher, dann ganze Bäume und schließlich die alten Gemäuer. Je dunkler es wurde, desto ausgelassener gaben sich die Teijnehmer der 5 Boote – kleine Wettrennen und auch mal ein kühles Bad. Es hat Spaß gemacht!!

 

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Die Closing Party am Samstag, den 21. Juli

Die Mindvalley Leute lieben Parties, jeden Samstag gab es eine jeweils an einem anderen spektakulären Ort. Die letzte war als Kostümparty ausgeschrieben und fand im Seaplane Harbour statt, im Lennusadam, dem Meeresmuseum, dem ehemaligen Wasserflugzeughangar. Es ist ein Großbau von spektakulärer Architektur ähnlich wie die Linnahall – beide im Kalamaja Viertel.

Schon im Außengelände stehen viele alte Schiffe, ehemalige Kriegsschiffe und der dampfbetriebene Eisbrecher Suur Töll mit zwei dicken Schornsteinen. Aber auch moderne Segler große und kleine. Wir sind abends oft hierüber gelaufen – eine eigenartige Stimmung von alt und neu !

Am Party-Abend war das Museum für uns bis 22 Uhr geöffnet. Es ist eine riesige Halle mit aufregenden Geschichten über Estlands maritime und militärische Geschichte, als Höhepunkt ein großes begehbares U-Boot. Mich interessiete mehr die Entwicklung der Segelschiffe, die großen Drei- und Viermaster, aufgezeichnet mit ihrer oft spannenden Geschichte und ihrem Untergang.

Die Party war inzwischen in vollem Gang mit ohrenbetäubender Musik, der man im hinteren Teil der Halle ein wenig ausweichen konnte. Natürlich gab es einige verrückte Einlagen Kostümierter: “Huch, wer ist denn das schon wieder??”, eine Kostüm-Modenschau und eine Akrobatik-Einlage von unglaublicher Geschicklichkeit und Kraft, aber auch Charme und faszinierender Beweglichkeit. Zwischendrin konnte sich jeder auf der Bühne darstellen, je nach Temperament, Phantasie und Mut !! Man wollte bei wilden Tänzen erkannt oder auch nicht erkannt werden und die Stimmung wurde immer ausgelassener wie das auf Partys eben so ist !!

Wir sind am Wasser entlang zu Fuß nach Hause gegangen, tief und glücklich die Seeluft und die Stille einatmend.

 

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Der letzte Abend

bei einem Glas Wein
auf der Terrasse am Hafen mit Blick über das Meer.
Es ist ein Abschied,
ein Abschied von Tallinn und von der Mindvalley University.
Warum gerade jetzt und wohin ??

Immer wieder Fragen, Spiegelungen, magische Momente…
wie die Sterne der Milchstraße,
die sich nach Mitternacht zeigen,
bevor es Tag wird.
Ein Wunder der Natur, des Kosmos, der Schöpfung.
Und unser Leben ?
Ein Wunder der Entfaltung, der Liebe,
des Wachsens und Vertrauens
in die eigenen Kräfte
und das Wirken der Natur in und um uns.

Wir schauen in die Abendsonne
über das stille Meer – und wissen,
gemeinsam gehen wir den Weg weiter
in unser Leben, zu uns selbst.

 


Tallinn – Die erste Woche

Tallinn – Die erste Woche
(Von Christa und  Michael)

(Michael) : Die ersten Rundgänge in Tallinn waren etwas ernüchternd – überall Trümmer, desolate Häuser, wegbröckelnde Kaimauern, jede Menge Baustellen … . Und das sollte nun der Wunderort Tallinn sein, wo es die weltmeisten Startups gibt???

Nun – um gerecht zu sein, es gibt nicht nur desolate, mehr oder weniger zerfallene, sondern auch wunderschön renovierte Häuser. Das, was man sieht, sind die Spuren seiner Geschichte, in der Estland immer wieder besetzt wurde – von Dänemark, Deutschland, Rußland (die Liste ist sicherlich unvollständig). Insbesondere die Sovietzeit hat unschöne Spuren hinterlassen. Und die vielen Baustellen zeigen einfach nur an, daß heftig auf einen schöneren Zustand hingearbeitet wird. Und in der sehr schönen Altstadt ist nichts davon zusehen … .

Estland befindet sich im Aufschwung – und da es praktisch keine Bodenschätze gibt, hat es sich vor allem auf IT etc. ausgerichtet. In vielen Dingen ist es Vorreiter – ich nenne hier nur das Thema e-Residency. Und neben den alten Stadtteilen gibt es auch neue und solche mit einer gemischten Bebauung – mit supermodernen Gebäuden. Sie zeigen den Aufschwung an.

Nach einer Weile treten diese Äußerlichkeiten in den Hintergrund – denn natürlich gibt es hier auch die Esten. Sie sind zunächst recht introvertiert, erweisen sich dann aber als sehr herzlich, zuvorkommend und gastfreundlich. Ein Beispiel ist die im vorherigen Beitrag beschriebene Einladung, die estische Weise die Mitsommernacht zu begehen, kennen zu lernen. Von anderer Seite bekamen wir Tips für lohnenswerte Ausflugsziele – und wurden auch noch dort hingefahren.

Naturliebe scheint hier sehr im Vordergrund zustehen. Bei meinen Zeitrafferaufnahmen zur Mitsommernacht (vorheriger Beitrag) blieben einige bis morgens um 3:00 am Strand und um 4:00 kamen bereits die nächsten, um den Sonnenaufgang zu sehen. Ich kann sie nur mögen …

Schließlich gibt es noch unsere University, derentwegen wir ja gekommen sind: Alles beginnt (natürlich) mit der Registrierung und vielen Hallos. Wir treffen viele Teilnehmer vom Vorjahr in Barcelona und die Wiedersehensfreude ist jedes Mal groß. Und es gibt jede Menge neue Teilnehmer zu begrüßen – die Teilnehmerzahl hat sich verdreifacht. Alles ist weit professioneller geworden. Das Team hat sich unglaublich ins Zeug gelegt.

Von der Themenseite ist die erste Woche überwiegend dem Thema Estonia (Estland) gewidmet: Sehenswürdigkeiten, Geschichte, .Charakter der Menschen, Wetter (nicht zu vergessen) – und vor allem dem Thema e-Residency. Ein e-Resident kann innerhalb weniger Minuten in Estland ein Bankkonto und eine Firma eröffnen sowie Dienstleistungen in Estland in Anspruch zu nehmen. Das Programm zielt in erster Linie auf ortsunabhängige Unternehmer – etwa Software-Entwickler oder Autoren. Es erfolgt alles online. Hier ist Estland Vorreiter. Eine große Chance für die Digital Nomads – und einige Teilnehmer haben die Chance genutzt. Wiederum zeigen sich die Estländer sehr hilfsbereit – richtig schön und angenehm.

Ein kleiner Wehrmutstropfen für die Pioniere, die letztes Jahr schon in Barcelona waren: Zwar ist alles perfekter – durch die große Teilnehmerzahl und den Abstand der Sprecher zum Publikum (in Barcelona gab es keine Bühne, die Sprecher standen fast im Publikum) ist jedoch auch alles weit anonymer geworden. Die Pioniere sind jedoch weiterhin miteinander verbunden und begegnen sich weiter mit herzlichen Umarmungen – wie schön ….

(Christa) : Tallinn – Eindrücke von der zweiten Woche

Wer in Mindvalley U in Barcelona war, spürt den großen Unterschied zu Mindvalley U Tallinn.

Barcelona City sprudelt über vor Fröhlichkeit und Lebendigkeit. Die vielen Cafés und Restaurants auf den breiten Boulevards, durch die wir oft mitten hindurch gingen, vermitteln Nähe und Vertrautheit, und die Menschen steckten uns mit ihrer Ausgelassenheit an. Die Wärme – für uns oft Hitze – macht die Menschen offen und frei. So war es auch in der Universität. Nach einer Woche kannte jeder jeden und wir begegneten uns mit Herzlichkeit, Umarmungen und vielen Gesprächen.

Anders in Tallinn. Hier ist es windig und kühl. Die Menschen sind still und verschlossen. Nur in der Altstadt, wo überwiegend Touristen herumlaufen, ist es lebendiger und lauter. In der Universität sind diesmal 3 mal so viele Studenten und man kennt nur wenige. Auch durch die Bühne, auf der die Redner stehen – entfernt von den Zuhörern – fühlt es sich unpersönlicher an, was die hohe Qualität der Vorträge aber nicht mindert. Und die Vertrautheit wird mit der Zeit sicherlich wachsen.

Die Stadt Tallinn fällt durch ihre Gegensätze auf. Die Altstadt ist wunderschön mit ihren Plätzen, alten Gebäuden, vielen Kirchen und Cafés. Sie lebt von den Touristen und ist für die Touristen gestaltet. Etwas abseits von den großen Plätzen gibt es noch die alten Holzhäuser, z. T. bilderbuch schön restauriert. Ein besonders altes gepflegtes Gebäude ist die 500 Jahre alte Apotheke am Rand des Rathausplatzes, die bis heute in Betrieb ist.

Ja, die alten Holzhäuser, sie faszinieren uns ganz besonders ! Je weiter wir in die Außenbezirke kommen, desto mehr entdecken wir. Sie strahlen Wärme und Gemütlichkeit aus und haben manchmal noch ganz oben den Holzbalken vom Flaschenzug. Aber viele von ihnen sind auch verfallen, ihren Bewohnern fehlt wohl das Geld, sie zu pflegen. Guckt man in die Fenster, so erstaunt das schön gestaltete “Innenleben”. In so einem Holzhaus wohnen wir für 5 Wochen, im Kalamaja Bezirk in der Nähe vom Kultuurikatel, wo es noch viele davon gibt. Es ist gemütlich und wir fühlen uns wohl hier. Ich genieße besonders die Nähe zu dem kleinen Hafen, auf den wir vom Fenster aus schauen und wo Michael das Nachtvideo gemacht hat. Aber leider gibt es auch einige vollkommen verfallene, längst verlassene Holzhäuser, und ich stelle mir dann vor, wie es sich einstmals darin hat wohnen lassen.

Ganz verrückt sieht es aus, wenn immer mal wieder so ein altes Holzhaus zwischen den Hochhäusern der neuen Industriestadt hervorlugt, wo es sich nicht hat verdrängen lassen !
Genau das sind die Gegensätze von Tallinn. Auf der einen Seite die gestylte Altstadt, die so kuscheligen Holzhäuser und dann die neuen Stadtteile der aufstrebenden Wirtschaft und Industrie. Dort hab ich mich gar nicht wohl gefühlt, als wir von dem schönen Kadriorg-Park wieder zurückliefen und diesen Teil der Stadt mit ihren Hochhäusern und dem dichten Verkehr durchqueren mußten.

Der Kadriorg Park

Der Kadriorg Park ist eine besonders schöne Anlage östlich von Tallinn ganz nah am Meer. Einer sehr lieben Tallinnerin, die dort arbeitet, lag es am Herzen, uns den Park zu zeigen. Sie hat uns abgeholt und mit ihren Zwillingen ein Stückchen – bis zum Spielplatz – durch den Park begleitet. Die alten, z. T. verwachsenen Bäume haben uns besonders gefesselt, Wiesen mit wilden Blumen und dann der Japanische Garten. Hier gibt es viel Wasser, Ruhesteine und wunderschöne Blumen – eine meditative Stimmung. Danke an Katriin!!

Gleich hinter dem Park läuft die Pirita Tee entlang, die breite Prachtstraße/ Promenade zum Olympiazentrum mit dem Jachthafen.

Hallo Tallinn

Hallo, Tallinn, 22.06.2018 – 24.06.2018
(Von Christa)

Unsere Reise dauerte 2 Tage und führte uns über Travemünde und von dort per Fähre über Helsinki nach Tallinn. Unterwegs war es überwiegend regnerisch und sehr windig, so daß wir uns nicht allzu lange an Deck aufhalten mochten. Schließlich kamen wir an und nahmen unser gemütliches Zimmer in einem Holzhaus im Stadtteil Kalamaja in Besitz. Wir waren müde, aber ein kleiner Bummel durch Kalamaja, um zu sehen, wo wir hier wohnen und ein paar Einkäufe mußten noch sein.

Am Samstag unternahmen wir dann den ersten Bummel in die Altstadt: Ein kleiner Platz mit vielen Cafe´s, ein junges Mädchen spielt Geige – sehr gut und sauber!! Eine gute, schöne Atmosphähre. Eine kleine, alte Kirche aus dem 14. Jahrhundert zieht uns an: Wunderschön gearbeitete Kanzel, Figuren an den Seitenchören, Altar, Orgel……..eine sehr intime Atmosphäre und gute Ausstrahlung. Darunter ein Dritte Weltladen mit Holzperlenketten, Figuren, Schmuck. Den Rathausplatz nebenan mögen wir nicht so sehr – er ist uns zu rummelig.

Dann Kontakt mit Mihkel Sepp und Verabredung für den Abend: Einladung zur Mitsommernacht im Landhaus seiner Großeltern.

Das Landhaus: Wir fuhren an der Küste entlang Richtung Osten, zunächst auf der Autobahn, dann über Land. Weit verstreut stehen hier Holzhäuser, z. großen Teil noch aus der Zeit der russischen Okkupation und wunderschöne große Gutshöfe aus der Zeit der Deutschen Orden. Überall auf den Grundstücken brannten Mitsommernachtsfeuer.

Wir wurden von allen Mitgliedern der Familie herzlich begrüßt, und Mihkel zeigte uns das Haus, das auch eine lange Tradition hat. In der Küche wurde heftig vorbereitet und alles auf einen kleinen selbst gebauten Wagen geladen und zum Feuerplatz gefahren. Mit Erzählen, Essen, Lachen und Photographieren verging der Abend sehr schnell. Aber jetzt war die Mitsommernacht noch lange nicht zu Ende. Wir wurden überrascht mit einer Kaffee-Kuchen-Tafel im Wohnraum zur Stärkung für die Nachtwanderung. Um Mitternacht brachen wir auf, Großvater hatte eine Tour am Strand entlang vorgeschlagen. Das Meer war unglaublich still. Am Strand und im Meer liegen große Steine/Findlinge, auf denen Vögel die Nacht verbrachten und in einem Fall von uns aufgescheucht wurden. Der Himmel tauchte in tiefes Rot, ohne daß es dunkel wurde. Die Stille und die Andacht dieser Nacht hüllten uns ein und ließen keine Müdigkeit zu. Schaffen wir es bis zum Sonnenaufgang um 4:00 Uhr? Genau da waren wir wieder am Haus, ein blutroter Ball………und schon fielen wir alle – jetzt todmüde – in die Betten!! Wir Gäste oben auf dem Speicher aufs Matratzenlager, wo wir eine große Auswahl hatten.

Das Fest endete mit einem lukullischen Frühstück, zunächst ziemlich schweigsam, bis alle wach waren und alte Geschichten teilten. Beachtlich an diesem Fest waren die Offenheit der Familie, die Gastfreundschaft und Herzlichkeit, mit der wir “Fremden” aufgenommen worden waren.

Danke, Mihkel, und Dank Deinen Großeltern, Eltern und Geschwistern und dem wunderbaren Haus – das alles hat uns eine alte Tradition erlebbar gemacht.

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Das besondere an diesen Nordischen Nächten ist, daß die Sonne zwar untergeht – es jedoch nicht wirklich dunkel wird. An dem verbleibenden “Abendrot” läßt sich die Bewegung der Sonne verfolgen bis sie schließlich wieder aufgeht. Natürlich mußte Michael das in den folgenden Tagen vom nahen Strand aus festhalten:

Besuch der Milchstraße

Garmisch-Partenkirchen vom 19. – 22. April 2018
(von Christa)

Der Winter war lang und der Februar besonders kalt gewesen. Nach dem eisigkalten Aufenthalt auf Sylt zog es uns in den Süden nach Garmisch-Partenkirchen, um Michaels Tante zu besuchen. Der wahre Grund war noch ein anderer: Michael wollte von einem der Berge Nachtaufnahmen vom Sternenhimmel machen.

Zuhause hatte er schon im Internet die Herzogstandhütte über dem Walchensee 1700 m hoch ausgeguckt. Wie sieht es wohl wirklich dort aus? Wir waren 7 Stunden mit dem Auto unterwegs gewesen. Nach einem kurzen Besuch bei der Tante sind wir am Abend nochmals los, um die Talstation der Herzogstandbahn zu begutachten und zu schauen, wie wir denn zu Fuß hinauf kommen können. Wir fanden einen guten Weg, und nach einer Stunde aufwärts sogar einen Aussichtsplatz. „Das könnte ein Platz für eine Photonacht sein,“ sagte Michael. „Morgen schauen wir weiter.“

 

Also sind wir am nächsten Morgen mit der Herzogstandbahn auf den Berg hinaufgefahren. Es war ein wunderschöner klarer, sonniger Tag und am frühen Morgen noch ganz einsam und still. Unsere erste Erkundung galt der kleinen Fahrenbergkapelle. Sie lag noch im Schnee. So gingen wir weiter zum Berggasthof. Die Herzogstandhütte lag noch mal 200 m höher auf dem Gipfel. Ein schmaler Serpentinenweg führt dort hoch, und auch hier lag noch Schnee, so daß wir nach einigen Metern wieder umkehren mußten.

 

Nach und nach trudelten mit den nächsten Bahnen immer mehr Menschen ein, die nicht alle nach Wanderern aussahen, sondern dort oben feiern wollten. Wir aber suchten die Einsamkeit und entschieden, am Abend zu dem Vortags entdeckten Platz mit der wunderbaren Aussicht auf den Walchensee und die Berge dahinter zu gehen und dort die Nacht zu verbringen.

Um 18 Uhr war der Parkplatz schon ziemlich voll, wir waren offensichtlich nicht die einzigen, die die Nacht auf dem Berg verbringen wollten. Mit viel Gepäck auf dem Rücken stiegen wir hinauf – unser Platz war noch frei. Michael baute die Stative mit den Kameras auf, während ich zwischen Steinen und Baumwurzeln nach einem einigermaßen bequemen Schlafplatz suchte. Während des Sonnenuntergangs – die Intervallaufnahmen für die Zeitraffervideos liefen bereits – haben wir unser Picknick eingenommen. Sonnenuntergänge in den Bergen sind ganz anders als am Meer. Dort sieht man die Sonne wirklich ins Meer abtauchen. In den Bergen verschwindet sie einfach, beleuchtet dann aber die Bergspitzen in wunderbarem Rosa.

Nun wurde es schnell dunkel, und dafür war der Schlafplatz vorgesehen. Die Kameras liefen selbständig weiter, alle 35 Sekunden eine Aufnahme. Warm war´s im Schlafsack, aber statt zu schlafen hab ich fasziniert in die Sterne geguckt und ihren Spaziergang am Himmel verfolgt. Auch waren die Geräusche fremd, das Rascheln im Laub, die Rufe der Uhus, der Wind in den Baumwipfeln. Allein hier oben hätte ich mich gefürchtet!

Um 3 Uhr klingelte der Wecker, um die Milchstraße zu gucken, die jetzt voll am Horizont zu sehen war, was auf den Videos so wunderschön herauskommt. Es war kalt geworden und der Wind hatte zugenommen. Frierend saßen wir auf der Bank, leider haben uns die Sterne nicht gewärmt. Gegen 5 Uhr kündigte sich die Sonne mit einem roten Himmel hinter den Bergen an. Das Frühstück war mager, ich fror weiter, während Michael die Kameras bediente und sich dabei warm lief. Um 7 Uhr haben wir aufgeräumt, gepackt und alles wieder geschultert für den Abstieg. In der Herberge frühstücken, schlafen und träumen von einem Spaziergang auf der Milchstraße, wo Milch und Honig fließt.

Am nächsten Tag sind wir noch zum Eibsee unterhalb der Zugspitze gefahren und haben ihn mit vielen Menschen zusammen umrundet. Es war ein warmer Sonntag!

 

Der Mittelpunkt unserer Reise war die Sternennacht unter freiem Himmel, die mir – zuhause – Sorgen bereitet hatte und die dann so still, so schön und inspirierend war.

Danke für diese Erfahrung!!

Sylt – eine eisige Erfahrung

List auf Sylt, 28. Februar – 7.März 2018
(von Christa)

List ist der nördlichste Ort auf der abgelegenen, an Dänemark grenzenden Nordsee-Insel Sylt, im Winter fast so einsam und verlassen wie zur Zeit meiner Kindheit, als noch niemand wußte, daß sie schon einige Jahre später die “Perle der Nordsee” genannt werden würde. Hier sind meine Wurzeln, tief vergraben im Sand mit den Erinnerungen einer schwierigen, kriegsbelasteten Kindheit. Auf der anderen Seite hatten wir unbegrenzte Freiheit und manchmal auch Unbeschwertheit in den Weiten der Dünen, den Stränden und dem sich ständig wandelnden Meer. Wir lernten laufen und schwimmen zur gleichen Zeit, denn der Strand und das Meer waren unsere Spielplätze.

Mehr als ein halbes Jahrhundert später bin ich mit Michael in List – mitten im Winter. Schon als das Auto auf den Sylt-Shuttle, der Verbindung zwischen dem Festland und der Insel, auffuhr, brachte der scharfe Wind den Geruch von Salz und Meerwasser herauf. Auf der Insel setzte bei eisigem Nord-Ost-Wind ein Schneesturm ein. Unser Quartier war kalt – “noch, dachten wir, wird schon werden”. Aber der kalte Nord-Ost holte sich die zögerliche Wärme gleich wieder raus. Und in der Küche kam kein Wasser – eingefroren.

Und wo ist das Meer? Wir liefen zum Strand – das Wasser nicht zu sehen, nur Eis, eine Landschaft wie auf dem Mond! So hatte einmal ein Besucherkind zu mir gesagt, als wir durch die Dünen wanderten: “Wie kann man nur in dieser Mondlandschaft leben!” Ich war empört und beleidigt: “Soll der doch zuhause bleiben!”

Eine solche Kälte, wie wir sie grad erleben, gab es schon lange nicht mehr. Wir versuchen uns ohne Wasser in der Küche und bei kühlen Temperaturen im Appartement einzurichten. Der eisige Wind am Strand macht uns zu schaffen, schneidet ins Gesicht und dringt durch die Kleidung. Nur langsam gewöhnt sich unser Körper an die ungewohnten Temperaturen. Am 2. Nachmittag wollte ich in das einzige Cafe´ am Ort, um bei wohliger Wärme und einem Friesentee zu entspannen. Das Cafe´ war bis auf den letzten Platz besetzt – hierhin hatte sich alles geflüchtet, was sich auf die Insel und seinen nördlichsten Ort getraut hatte! Ich konnte das gut verstehen und hab uns im Appartement einen Kaffee gekocht.

Es blieb auch die nächsten Tage kalt und stürmisch. Dennoch begann am 3. Tag das Wasser zu tröpfeln trotz der Minusgrade. Wir waren erleichtert, da die Vermieterin, die im Winter nicht auf der Insel lebt, uns ein Angebot zum Umziehen vermittelt hatte und wir überhaupt keine Lust dazu hatten. Gut gelaunt (eigentlich immer!!) fuhren wir nach Braderup in den Insel-Bioladen und weiter nach Munkmarsch, einem heute kleinen unbedeutenden Ort an der Ostseite. Einstmals war Munkmarsch das Tor zur Insel. Hier legten die Dampfer an, die vom Festland, dem heute dänischen Hoyerschleuse, zur Insel übersetzten. 3 Stunden oder auch mehr dauerte die Überfahrt, je nach Wind, Wetter und Wasserstand, bei Ebbe konnte das Schiff nicht anlegen. und so mancher Gast wurde schrecklich seekrank!!

Das ist längst vorbei, seit 1927 der Hindenburgdamm eingeweiht wurde und der “Sylt-Shuttle” Gäste und Autos mühelos auf die Insel schafft. Der kleine Hafen hat seine Bedeutung verloren, aber seinen Charme bewahrt mit den kleinen Segelbooten und dem wieder aufgebautem Fährhaus, so daß es mich immer wieder dorthin zieht. Am späten Nachmittag wurde der Himmel klar und ich ahnte: Michael hat eine Abendveranstaltung vor, und das bei Wind und Kälte!!!

Wir fuhren zur Lister Strandhalle, wo Michael unten am Strand sein Stativ aufstellen wollte. Hm, der Weg zum Strand war gesperrt….Hinterher sahen wir, daß der Sturm die Treppe, die hinunterführt, zerstört hatte. Also suchten wir uns einen Weg über die Düne, um im Schutz hinter der Düne den Sonnenuntergang zu beobachten.

Wir waren etwas zu spät und konnten gerade noch einen Zipfel der Sonne einfangen. Umso schöner entwickelten sich danach die Farben am Himmel. Ich lief am Strand entlang, um warm zu werden. Es war Ebbe und vollkommen einsam – eine geheimnisvolle Stille trotz des Windes, und nach einer Weile konnte ich Michael nicht mehr sehen. Die Dunkelheit hatte etwas Magisches, das ich aus meiner Kindheit kenne, wenn es mich besonders in den Abendstunden immer weiter auf die
Ebbe hinauszog, obwohl ich mich fürchtete. Ich fand Michael wieder und dachte, wir fahren jetzt heim. “Der Himmel ist klar, jetzt kommen doch erst die Sterne…”

Ich tappte den Weg zurück über die Düne, um zu sehen, ob die Strandhalle noch geöffnet hat. “Wir schließen mit Sonnenuntergang ( das war vor mehr als einer Stunde ) “, sagte der freundliche Inhaber, den ich kannte. “Aber ich mach dir noch gern einen Glühwein.” Wie gut das tat!! und bald danach war auch Michael bereit aufzubrechen. Ich bewundere ihn, wie er bei Wind und Kälte stundenlang aushält, um Zeitraffer-Videos vom Sonnenuntergang oder vom Sternenhimmel zu machen!!

Die nächsten Tage wurden etwas milder, so daß wir uns noch mal an den Weststrand trauten, nach Kampen, vorbei an den Kurhäusern zum Kampener Kliff. Dieses ist neben dem Morsumer Kliff die große Attraktion der Insel. Nach jedem Winter, wenn die Sturmfluten daran nagen und die Regenschauer es zerfurchen, verändert es sein Gesicht.

Der letzte Tag war ein richtiger Sonnentag. Wir liefen an dem wunderschönen Friedhof vorbei durch die Lister Dünen und Heidetäler zur sehr einsam gelegenen Jugendherberge Möwenberg und dann mit dem weiten Blick auf den Ellenbogen und den Königshafen über den Außendeich und das Vogelschutzgebiet zurück nach List. Auf den Feuchtwiesen und Tümpeln tummelten sich die Wintergäste, Wildgänse und Wildenten, am Strand sommers wie winters Möwen und Austernfischer. Vogelkundler entdecken hier unzählige Vogelarten, die von überall herkommen, hier rasten oder auch überwintern.

Das schöne Wetter verführte Michael dazu, noch mal einen Sonnenuntergang zu photographieren. Hierfür wählten wir einen Aussichtspunkt in den Lister Dünen mit Blick über die Heidetäler und der großen Wanderdüne als Kulisse. Hier wird die Einsamkeit und Stille der Insel besonders deutlich, was wir am Vormittag auf der Wanderung zur Jugendherberge schon wahrgenommen hatten.

Jeder Urlaub ist zu kurz!! Und die Insel mit ihrem herben Charme macht mir den Abschied immer besonders schwer. So hat es seltsamerweise über 2 Stunden gedauert, um mit dem Sylt-Shuttle über den Damm aufs Festland zurückzukehren.

Auf dem Urwaldsteig am Edersee

Urwaldsteig Edersee vom 11.-14. Januar 2018
(von Christa)

Es war mal wieder Zeit für ein gemeinsames Abenteuer. Mein Wunsch war der Urwaldsteig am Edersee. Dort gibt es viel Wasser, uralte Wälder und Berge – im Nationalpark Kellerwald-Edersee.

Wo gibt es in Deutschland noch Wildnis und Wälder, die sich selbst überlassen sind und sich ständig wandeln so wie die Natur sich selbst gestaltet?

Ich konnte es kaum erwarten, in den “Urwald” zu kommen, und gleich am ersten Tag führte uns unsere Wanderung mitten hinein. Von unserer Pension in Waldeck aus stiegen wir auf eine Anhöhe, den Ziegenberg. Hier standen uralte Buchen und knorrige, z.T. halbtote Eichen, die so verwachsen waren, daß sie merkwürdigen Gestalten glichen. Aus einigen schauten geheimnisvolle Gesichter, die uns zu beobachten schienen. Umgestürzte Bäume versperrten uns immer wieder den Weg und
zwangen uns zum Klettern oder Durchkrabbeln.

Nach einer guten Stunde erreichten wir die zwei Aussichtskanzeln, von denen aus wir einen wunderbaren Blick auf den Edersee mit allen seinen Ausbuchtungen hatten sowie auf die Sperrmauer. Auf dem Rückweg war es dunkel genug, um die Lichter zu beobachten, die an der Sperrmauer installiert sind und in verschiedenen Farben wechseln von gelb – rot -blau – grün bis lila. Je dunkler es ist, desto schöner ist das Leuchten.

Und dann standen wir vor einer Felswand, höhlenartig und dunkel. Ich spürte die veränderte Energie und wußte, hier sind Naturwesen zuhause. Ich mußte still halten so als würden die Wesen mich festhalten, und auch Michael war gebannt. Wir lauschten auf die Geräusche – war es nur der Wind ??

Sobald wir den Platz verlassen hatten, veränderte sich die Stimmung, das Geheimnisvolle war verschwunden, der Wald wurde nun lichter und offener. Es war inzwischen dunkel geworden und Zeit zügig heimwärts zu gehen. Den Matsch auf dem letzten Teil des Weges haben wir nicht mehr gesehen, nur unter den Schuhen gespürt.

2. Tag

Unser nächster Ausflug war entlang der Ringelberg-Route in einen der ältesten Teile des Buchenwaldes am Edersee. Michael, der sonst einen schnellen Schritt hat, wo ich manchmal Mühe habe mitzukommen, blieb weit zurück, fasziniert von den ungewöhnlich in sich verschlungenen Baumgestalten, den steilen Berghängen und Schluchten. Alles wollte beachtet und photographiert werden.

Der Weg war mit 4 Stunden Wanderzeit ausgeschrieben. “Na, da werden wir heute mindestens 8 Stunden brauchen und im Finstern zurückkommen”, sagte ich voraus. “Na und?” war Michaels Antwort.

Zeitweise gingen wir auf schmalen Pfaden am Steilhang entlang. Immer wieder kreuzten Bäche und Quellgerinne unseren Weg, und wir hatten die Wahl, über glitschige Steine zu balancieren oder uns richtig nasse Füße zu holen. Ich war fasziniert von all diesen kleinen Sturzbächen, die von weit oben herunterkamen, stolpernd über Felsen und Steine, ihre Bewegung in Musik verwandelnd.

Dann auf einmal eine völlig andere Stimmung. Der Wald wurde licht, statt der hohen Buchen dünne Birkenstämmchen und dazwischen mal eine Tanne. Alles Unheimliche war verschwunden, wir fühlten uns leicht und gingen schneller. Also doch keine 8 Stunden, sondern nur 6. Dunkel war es dennoch, als wir heim kamen.

3. Tag

Heute hatten wir uns die Hagenstein-Route vorgenommen. Vom Nationalparkzentrum ging es über eine große Wiese bergan; an der Wegkreuzung ein großes Schild: “Ferienwohnung” und dahinter ein Baumhaus, das ziemlich wackelig und sehr urig aussah! Eine Alternative??

Und schon waren wir im Wald. Unser Weg führte immer wieder an Felsen vorbei, aus deren Spalten bizarre Bäume wuchsen, deren Äste sich umschlangen und manchmal wie Fragezeichen in den Himmel strebten. Hier konnten wir die knorrigsten Stämme und seltsamsten Baumgesichter entdecken, die uns festhielten und unsere Phantasie belebten. In solchen verwunschenen Gegenden entstehen Sagen und Geschichten, wer wohl hier hausen und sein Unwesen treiben könnte!!

Auf halbem Weg ein Schild: “Brückengrundsteig – nur mit festem Schuhwerk und sicherem Tritt zu begehen.” zunächst gingen wir daran vorbei. Doch als wir dann auf einen asphaltierten Weg kamen, wollte ich doch lieber den waghalsigen Brückengrundsteig laufen. Also kehrten wir um und waren bald auf dem schmalen, felsigen, sehr glitschigen und steilen
Abstieg. Hier hat der Sturm das Nadelholz gefällt. Wie beim Mikadospiel liegen die Stämme kreuz und quer an den Hängen und auch auf dem Weg. Es sieht wild aus, nichts wird fortgeräumt und so kann sich die Natur neu und frei entfalten.

Zurück im Nationalparkzentrum gab es einen Kaffee und viele Informationen über den Park, seine Wälder und den von vielen
Wanderern besuchten Urwaldsteig.

Eine Schatzsuche

… und was dabei herauskam (04.11.2017)
(Von Michael)

Es war dunkel – abgesehen vom vollen Mond. Ich befand mich in einem kleinen Örtchen, das niemand kennt. Viele Stufen führten mich zu einem kleinen Kirchlein. Ich hatte erwartet mehr oder weniger der einzige Gast zu sein. Aber weit gefehlt – an die 50 Personen waren dort. Erstaunlich …

Ich hockte mich in die hinterste, noch freie Bank und beobachtete die ankommenden. Eine erwartungsvolle Spannung lag in der Luft. Und dann war es so weit.

Eine einzelne Person erschien – ein Spielmann und Geschichtenerzähler. In einer Ecke war eine Bühne aufgebaut, auf er sich bereits mit seinen Requisiten eingerichtet hatte und durch entsprechende Beleuchtung in Szene setzte. Worum gings?

Ekkehart hatte viele Jahre geforscht, um die wahren Begebenheiten hinter einer bekannten Sage herauszufinden. Schließlich traf er auf einem Rasthof unerwartet einen anderen Spielmann. Eine geheimnisvolle Person, die erst nach einigem Nachfragen wenigstens ihren Vornahmen nannte: Volker.

Aber – Volker gab an, die wahre Geschichte und Hintergründe sowie all die Orte zu kennen, nach denen Ekkehart so lange geforscht hatte. Und am nächsten Tag wollte er Ekkehart an die Quelle führen, an der Siegfried tatsächlich starb. Genau – es geht um die Siegfried- oder Nibelungensage. Und interessanterweise wurde das Nibelungenlied ja von einem Volker geschrieben …

Ekkehart spielte alle Rollen: Volker, Ekkehart, Siegfried, Krimhild, Brunhild, Gunther, Hagen. Beeindruckend, auch ein wenig gruselig. Und – die Nibelungensage beinhaltet auch eine wichtige Botschaft.   …   Man suche nach Ekkehart Voigt.

Nach einem Besuch auf dem Friedhof nahm ich wieder die Stufen und verschwand in der Nacht.

Weiße Katze mit himmelblauen Augen

Auf dem Blumenhof im KuHuStall (26.10.2017)
(Von Christa)

Ich war bei Michael und wollte am Sonntag Nachmittag nach Hause fahren. “Heute Abend gibt es die ” Lyrische Nacht auf dem Blumenhof”, im KuHuStall, erzählt mir Michael so ganz nebenbei. Er ahnte wohl die Wirkung, die Worte wie Lyrik, Nacht und KuHuStall auf mich ausüben würden. Meine spontane Antwort: “okay….. ich komm mit.”

Wir kamen in den großen Innenhof mit beleuchteten Kürbisköpfen und vielen Türen. Eine führte in einen nicht sehr großen ehemaligen Stall mit vielen Stühlen und einer Bühne. Am Eingang eine kleine Theke mit duftender Kürbissuppe und Glühwein. Neben der Bühne ein Holzofen/ Kamin, der gut befeuert wurde – eine wohlige Atmosphäre.

Der Entertainer, Ekkehart Voigt, führte in den Abend ein und erzählte – etwas später – eine märchenhafte Geschichte, wie eine weiße Katze mit himmelblauen (!) Augen ihn nach Mitternacht (1/2 3) besucht und ihm ein geheimnisvolles Geschenk anbietet. Nach langem Zögern rückt sie schließlich damit raus: “Eine volle Stunde”!!   –   Es ist die Nacht der Zeitumstellung auf Winterzeit, die offenbar auch die Tiere bewegt! Noch während der anderen Beiträge mit Gitarre und Gedichten mußte ich schmunzeln.

Ein äußerst witziger Beitrag kam von Daniela übers Fensterputzen (oder genauer gesagt über die Strategien dieses zu vermeiden ob der schlierige Resultate) – eine banale Tätigkeit so humorvoll-ausgedehnt, pantomimisch begleitet, der Arbeit des Putzens vollkommen hingegeben, dargestellt !! So kann Alltag auch sein.

Ähnlich seiner Tätigkeit zutiefst verfallen: Jonas, der über einen Tag mit Autowaschen und Polieren erzählte. Akribisch wird jeder Handgriff zum ausgedehnten Kunstgriff. Da reicht nicht einmal ein ganzer Tag für diese Prozedur. Mit den einfühlsamen Bewegungen entlang der Konturen und Kurven wird daraus gar ein erotisches Erlebnis bei dem er mehr und mehr in Rage gerät – mit Höhepunkt an Ende … . Ich wagte einen Blick zu Michael, der vor ein paar Tagen ebenfalls sein Auto poliert und gewachst hat……..”aber doch nicht sooo “!!

Dazwischen einige einfühlsame Gedichte von der jungen Irina und einige Haikus mit verhalten ironischer Gitarrenbegleitung. Ganz tief berührt hat mich die Trommlerin Katja mit ihrer Bougarabou aus Ghana. Sie hat mit der Trommel eine Geschichte erzählt: diese beginnt ganz zart, nur mit den Fingerspitzen getippt, dann kommt der warme Baß dazu und baut ein kleines Drama von immer lebendiger werdenden Klangebenen auf. Der weiche melodische Klang der Trommel sowie die geschmeidige Fingerfertigkeit und Lockerheit der Künstlerin haben mich fasziniert.

Ich hab nicht alle Beiträge behalten. Beeindruckt hat mich, wie mit einigen kreativen Einfällen, ausgefallenen Ideen und mutigen Menschen (Künstlern) ein solcher Abend gelingen kann !

Disneyland Paris

Disneyland Paris
(Von Christa)

3 Tage Paris. Nein,  wir waren nicht in der Innenstadt, dem Louvres oder der Champs Élysée, wir waren im Disneyland, wo die Euopa-Konferenz der Firma Reliv stattfand.

Disneys Conference Center

Reliv ist eine Zellnahrung, die unseren Körper wieder in Balance bringt und schon vielen Menschen geholfen hat, wieder gesund zu werden, sogar dann, wenn Ärzte keinen Rat mehr wußten.

Es waren ungefähr 500 Teilnehmer aus allen Ländern Europas, und wir kannten uns nicht bis auf die wenigen, die aus derselben Region kamen. Da wir alle von derselben Idee erfüllt und neugierig auf all die Erfahrungsberichte der anderen waren, entstand schnell eine vertraute Atmosphäre , ja, ein liebevolles Miteinander. So war es leicht, neue Freundschaften zu knüpfen. Ich hatte im Café eine spontane Begegnung mit einer Französin, aus der sich gerade – trotz der geographischen Entfernung – eine wundersame Freundschaft entwickelt. Und der Party-Abend am Samstag war dann der Höhepunkt von Nähe und Vertrautheit.

Unser Hotel war das Newport Bay Hotel im Disneyland, einem großen Gelände mit mehreren Hoteleinheiten und vielen Konferenzräumen. Gegenüber auf der anderen Seite des künstlich angelegten Sees das eigentliche Disneyland, ein Vergnügungspark für die ganze Familie. Überall liefen Kinder in schönen Prinzesskleidchen und mit Mickimausohren herum, bunt geschminkt und ausgelassen. Mit einem riesigen roten Ballon konnte man in den Himmel abheben. Dieser und die vielen Lichter des Parks am Abend waren verlockende Photomotive für Michael. Mit einem Photographen an der Seite guckt man anders und entdeckt verborgene Dinge oder lichtvolle Momente.

Wir hatten nur wenig Zeit, uns auf dieser Vergnügungsseite aufzuhalten, aber beim Frühstück haben wir durch die vielen Kinder ein wenig von der quirligen Atmosphäre miterlebt.

So hat dieses Wochenende zwei ganz unterschiedliche Ebenen berührt, die Konferenz mit den Workshops und liebevollen Begegnungen und die bunte, manchmal etwas laute Welt vom Disneyland.

Bad Homburg

Bad Homburg
(Von Christa)

Manchmal kommt es anders, als man denkt…..

Ich bin am Freitag zu Michael gefahren, da wir am Sonntag eine Einladung zur Familie seines Bruders hatten.

Am Samstag Vormittag ein kleiner Bummel vor der Tür.  Nach dem Mittagessen Computerarbeit. Da ich keine “Computer-App” im Kopf habe, brauche ich immer wieder Michaels Hilfe, um mein Chaos auf dem Bildschirm zu ordnen.  Das hat dann doch wieder länger gedauert – und oh je, wir hatten doch ein Abendprogramm in Bad Homburg zur “Kulturnacht” mit verschiedenen Veranstaltungen.

Michael war verdächtig schweigsam. ” Los, kein Abendbrot mehr……”

In Bad Homburg fanden wir einen Parkplatz hinter dem Kurpark. Es hatte angefangen zu regnen. Wir liefen – etwas flau gestimmt – in die Stadt zum ersten Veranstaltungsort der vhs.  Alles dunkel, Türen verschlossen….. beide ein Fragezeichen im Gesicht. Also weiter durch den stärker gewordenen Regen zum nächsten Date. Unterwegs ein Blick auf den Zeitungsausschnitt zur Kulturnacht. Ich hatte einen Verdacht: Hatten wir das richtige Datum erwischt ??

Und mir kam der erste Oktober in den Sinn, als wir in München waren und Michael sagte, dies Wochenende wird die Uhr umgestellt. Ich hab darauf vertraut und meine innere Uhr auf Winterzeit gestellt. Den Irrtum hab ich erst 1 1/2 Tage später bemerkt, es war ein Monat zu früh – aber meine innere Uhr blieb dabei !

Und siehe da, wir waren eine Woche zu früh unterwegs !! Wir guckten uns an und fingen beide an zu lachen. Was jetzt anstellen ?? Ich sagte schmunzelnd: “Ich hab Lust auf ein richtig gutes Abendessen, komm, ich lad dich ein.” Kein Protest von Michael; na, dann mal los !

Wir fanden ein uriges Restaurant in der Altstadt. Die Atmosphäre stimmte und regte uns zu einem tieferen Gespräch an, wie wir es an solchen ‘fremden’ Orten schon öfter hatten. Der Rückweg zum Auto war locker und fröhlich – ohne Regen. Michael hat ein paar Photos von den im Park verstreuten kleinen Kostbarkeiten ausländischer Besucher wie den koreanischen Pagoden und der russischen Kirche gemacht.

So haben wir aus dem Datumsirrtum doch noch einen gelungenen Abend gemacht!